Das Europäische Forum Alpbach stellt die renommierteste Veranstaltungsserie in Österreich dar und nimmt seit Jahrzehnten einen fixen Platz in der europäischen Konferenzlandschaft ein. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit seiner Geschichte war bis dato jedoch ausständig. Um diese Lücke zu schließen, wurde eine quellenbasierte Untersuchung vorgenommen, die über seine institutionelle und thematische Entwicklung, zentrale Persönlichkeiten und wichtige Ereignisse von 1945 bis 2015 Auskunft gibt.
Ein erster Teil der Studie hat sich – ermöglicht durch den Zukunftsfonds – mit der Entwicklung des Forums bis 1970 beschäftigt. Beleuchtet wurden darin sein Beitrag zu einer Erneuerung des geistigen und wissenschaftlichen Lebens im Spannungsfeld vom institutionellem Neubeginn, dem Umgang mit dem geistigen Erbe, dem internationalen Austausch und der Frage der Rückkehr vertriebener Intelligenz, was auch der Schwerpunkt des Vortrages sein wird.
Das Europäische Forum Alpbach fand erstmals im Sommer 1945 als „Internationale Hochschulwochen des Österreichischen Colleges“ statt. Es wurde von dem aus der Widerstandsbewegung kommenden Studenten Otto Molden und dem Philosophiedozenten Simon Moser gegründet, um einer Auswahl österreichischer Studenten eine freie Aussprache nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu ermöglichen und ihnen durch das Zusammentreffen mit Schweizer Studenten und Vertretern der Alliierten das „Fenster zur Welt aufzustoßen“. Die Hochschulwochen waren zunächst als einmalige Veranstaltung geplant, wurden aber bereits ab 1946 kontinuierlich fortgesetzt. Sie waren anfangs mit dem Bestreben verbunden, zu einer Erneuerung der europäischen Universitäten beizutragen, wobei Folgendes im Zentrum stehen sollte: eine Reform der Arbeitsmethode und des gemeinsamen studentischen Lebens sowie die Arbeit an der Einheit der Wissenschaften. Nachdem bereits zu Beginn unterschiedliche Vorstellungen bestanden – Molden einen breit angelegten „Intellektuellenkongress“ und Moser einen sommerlichen Treffpunkt von Studenten und Professoren intendierte –, entwickelte sich aus ihnen 1949 das Europäische Forum Alpbach, in dem auch Politik, Kunst und Wirtschaft einen Platz einnehmen sollten. Gleichfalls nahm die Einigung Europas, die es durch ein Beispiel europäischer Zusammenarbeit zu fördern galt, einen wichtigen Raum ein.
Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaften bildeten weiterhin den Kern der Veranstaltung, wobei wiederholt Emigranten zur Teilnahme eingeladen wurden. Wesentlich war dafür, dass die Veranstalter bestrebt waren, Spitzenleute nach Alpbach zu bringen und dass durch die Präsenz der Emigranten eine internationale Anbindung umgesetzt und Themen angeboten werden konnten, die an den österreichischen Universitäten nicht vertreten waren. Die gesamte Studie über die Geschichte des Europäischen Forum Alpbach wird 2015 unter dem Titel „Ein Fenster zur Welt“ erscheinen.