Abstract


Neukonzeption der österreichischen Länderausstellung in Auschwitz-Birkenau


Die Neugestaltung der österreichischen Ausstellung im Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau geschieht zu einer Zeit, in der national geführte Diskurse des Erinnerns sich verändert und erweitert haben: von einem nationalen Gedenken hin zu einer europäischen und globalisierten Gedächtniskultur. Auch in Hinblick auf eine (post)migrantische Gesellschaft soll und muss die neue Ausstellung den Holocaust als einen Teil der europäischen Geschichte bzw. der Menschheitsgeschichte vermitteln. Dennoch ist sie einer spezifisch österreichischen Perspektive unterworfen, ist es doch ihre Kernaufgabe, von den Österreicherinnen und Österreichern im Lagerkomplex Auschwitz von 1940 bis 1945 zu erzählen.

Das aus dem Wettbewerb für die Kuratierung und die wissenschaftliche Leitung hervorgegangene Ausstellungskonzept mit dem Titel "Entfernung. Österreich in Auschwitz" begegnet dieser Herausforderung auf besondere Weise. Der Begriff „Entfernung“ verweist auf die geografische Distanz zwischen Österreich und Auschwitz, die Teil der nationalsozialistischen Verleugnungsstrategie des Massenmords war. Zugleich meint Entfernung auch Vernichtung: die physische Entfernung der nach Auschwitz Deportierten, aus Österreich und aus dem Leben. Die Ausstellung legt den Fokus auf diese Entfernungen und verbindet damit den Anfang der Geschichte in Österreich und deren Ende in Auschwitz, „ent-fernt“ also gleichsam die beiden historischen Orte, ohne sie einander gleichzustellen. . Um die „Entfernung“ nicht nur intellektuell begreifbar, sondern auch visuell und sinnlich erfahrbar zu machen, besteht der Hauptteil der historischen Ausstellung aus drei einander bedingenden und miteinander verbundenen Ebenen: „Hier“ (Auschwitz), „Dort“ (Österreich) und die „Leere“.

Im Unterschied zu den anderen Länderausstellungen vor Ort, für die die nationalsozialistische Okkupation den gemeinsamen historischen Nenner darstellt, verhält sich die Ausgangssituation für die österreichische Ausstellung aufgrund der Mitverantwortung großer Teile der österreichischen Bevölkerung an den NS-Verbrechen anders. In Österreich lebende Menschen wurden verfolgt und ermordet, sie wurden Opfer der NS-Verbrechen. In Österreich lebende bzw. hier politisch und gesellschaftlich sozialisierte Menschen waren aber auch zum Teil sogar an prominenter Stelle aktiv beteiligt an den genozidalen Verbrechen des NS-Regimes. Dies gilt es in der neuen Ausstellung zu adressieren. Sie führt somit zu einer spezifischen Form des Erinnerns und Gedenkens, in dessen Zentrum die Verfolgten des NS-Regimes stehen, schließt aber auch eine Auseinandersetzung mit der österreichische Gesellschaft im Nationalsozialismus mit ein.

Mag. Birgit Johler, Univ.-Prof. Dr. Albert Lichtblau (wissenschaftliche Leitung), Dr. Christine Rothländer, Dr. Barbara Staudinger, Mag. Hannes Sulzenbacher (Kurator, Projektleitung), Mag. Dr. Siegfried Göllner, Dkfm. Mag. Christoph Mai

Projekt-ID
ProjektleiterIn
Lessing, Mag. Hannah - Nationalfonds d. Republik Österreich f. Opfer d. Nationalsozialismus
Projekttitel
Neugestaltung der Ausstellung in der österreichischen Gedenkstätte in Auschwitz-Birkenau - zusätzliche Begleitmaßnahmen (Umgang mit aktueller Ausstellung, Website, Gedenkbuch und Broschüre)

Adaptation of the exhibition at the Austrian Memorial in Auschwitz-Birkenau - further pedagogical accompanying measures (renewing the current exhibition, website, commemorative book, brochures)
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