Abstract


Wie Centropa jüdische Geschichte mit neuen Technologien zum Leben erweckt


Der Wiener Verein Centropa steht seit 13 Jahren für das Sammeln von jüdischen Familiengeschichten und Erinnerungen vor und nach dem Holocaust in Wort und Bild. In diesen Jahren gelang es Centropa, in 15 Ländern Mittel- und Osteuropas sowie in Israel 1.200 jüdische Biografien des 20. Jahrhunderts zu dokumentieren. Statt die Zeitzeugen mit Video zu filmen, haben wir die Interviews auf Audio aufgezeichnet, transkribiert und editiert; dazu haben wir 22.000 Familienfotos unserer Interviewpartner digitalisiert und anschließend die Biographien und Fotos in einer Online-Datenbank auf www.centropa.org zur Verfügung gestellt.

Wir baten unsere Interviewpartner, uns anhand der Familienfotos ihre Lebensgeschichte des gesamten 20. Jahrhunderts zu erzählen, es ging uns also nicht nur um die Dokumentation des Holocaust aus jüdischer Perspektive, sondern auch um die Schilderung jüdischer Alltagsgeschichten vor und nach dem Holocaust. Centropas österreichische Interviews lassen sich grob in drei Abschnitte unterteilen:

1. die Zeit vor 1938;

2. die Zäsur nach dem Anschluss ab dem 12. März, dem Einmarsch der Deutschen in Österreich und schließlich dem Novemberpogrom 1938. Wie die Zeitzeugin Lilli Tauber sagte: „Bis zum 10. November war mein Leben ein verhältnismäßig normales mit meinen Eltern. Dann war alles vorbei.“

3. die Zeit nach 1945 und der Versuch, in Wien ein neues Leben (wieder) aufzubauen.

Seit 2006 hat Centropa, basierend auf ausgewählten Biographien, 40 Filme produziert, die Geschichte zum Leben erwecken, indem sie die Erinnerungen der Zeitzeugen mit animierten Familien- und Archivfotos kombinieren. Da die Filme eine individuelle Lebensgeschichte erzählen und auch Alltagsgeschichten thematisieren, mit denen sich Jugendliche identifizieren können, schaffen sie einen emotionalen Zugang für den Filmbetrachter. Die Filme veranschaulichen die persönlichen Folgen, die historische Ereignisse für unsere Zeitzeugen gehabt haben.

Ein Beispiel der vom Zukunftsfonds geförderten Projekte ist der 2014 produzierte Film “Die Vergangenheit ist ein anderes Land”, zu finden auf www.centropa.org. Der jüdische Zeitzeuge Leo Luster schildert hierin, wie seine Kindheit im Wien der 1930er Jahre mit dem Anschluss im März 1938 jäh endete – und welches Schicksal ihn und seine Familie danach ereilte.

Die Filme, zwischen drei und dreißig Minuten lang, werden in 500 Schulen in 20 Ländern eingesetzt und auf Filmfestivals gezeigt. Auch in Österreich werden die Filme, die sich (nicht nur) für den Geschichtsunterricht eignen, in Schulen und Universitäten verwendet. Im Rahmen von Fortbildungsseminaren stellen wir die Filme und begleitende Lehrmaterialien Pädagogen aus Österreich und anderen Ländern vor; die Teilnehmer werden wiederum dazu ermutigt, ihre Unterrichtseinheiten zu den Filmen mit anderen Lehrern auf unserer Website zu teilen.

Weiters bietet Centropa Wanderausstellungen mit begleitenden Workshops für Schulen an, und wir laden Lehrer und Schüler regelmäßig zu unseren Cafe Centropa Treffen ein, bei denen die Jugendlichen mit den jüdischen Senioren direkt zusammentreffen, deren Geschichten sie zuvor online gelesen oder gesehen haben. So wird Schülern des 21. Jahrhunderts ein direkter, persönlicher Zugang zur europäisch-jüdischen Geschichte des 20. Jahrhunderts ermöglicht.

Fabian Rühle (Centropa)

Projekt-ID
ProjektleiterIn
Serotta Edward - CEC - Zentrum zur Erforschung und Dokumentation jüdischen Lebens in Ost- und Mitteleuropa
Projekttitel
8. Centropa Sommerakademie: Holocaust Bildungsprogramm über Grenzen

8. Centropa Summeracademy: Holocaust Education across Borders
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