Abstract


Psychotrauma im Alter – Analyse des interdisziplinären Modells ESRA


Seit 1994 bietet das Psychosoziale Zentrum ESRA für Menschen, die durch Verfolgung, Folter, Migration, Misshandlung, Katastrophen oder andere schwerwiegende Ereignisse traumatisiert wurden, umfassende professionelle Hilfe an. Einen Schwerpunkt stellt dabei die Arbeit mit Überlebenden der NS-Verfolgung und deren Nachkommen dar.

Im Zuge einer Rückschau auf 20 Jahre Traumaarbeit mit Menschen, die aufgrund unterschiedlicher Ursachen an Traumafolgestörungen leiden, wurde anhand einer Studie zum Thema untersucht, wie sich eine mehrdimensionale psychosoziale Unterstützung auf das Leben im Alter auswirkt. Grundlage hierfür bildete das Datenmaterial von über 1.800 NS-Überlebenden der 1. Generation (Überlebende und Kinderüberlebende, sog. Child Survivors), die in den vergangenen Dekaden in ESRA in Betreuung und Behandlung waren.

Im Rahmen einer Forschungskooperation mit dem FH-Campus Wien (KOSAR) wurden diese Daten quantitativ und qualitativ untersucht. Mittels statistischer Strukturierung der Behandlungs- und Betreuungsverläufe konnte das Inanspruchnahmeverhalten der Einzelnen im konkreten Unterstützungsprozess quantitativ fassbar gemacht werden. Infolge wurde anhand von Akten- und Fallverlaufsanalysen sowie persönlichen Interviews der Frage nachgegangen, wie die psychosoziale Unterstützung subjektiv erlebt wird und welche Auswirkungen für die Traumarbeit abgeleitet werden können.

Es zeigen sich vielfach Hinweise, dass die psychosoziale Traumaarbeit mit Menschen im Alter eine längerfristige ist. Selbst nach Stabilisierung oder Zustandsbesserung kann sich – in zeitlich unterschiedlichen Intervallen wiederkehrend – eine neuerliche Behandlungs- und Betreuungsnotwendigkeit zeigen.

Konstante Betreuungsbedingungen, soziale Anerkennung als Überlebende/r sowie eine solidarische Haltung gegenüber den Betroffenen sind besonders für betagte und hochbetagte Menschen von entscheidender Relevanz für einen gelingenden Betreuungsverlauf. Die Ergebnisse machen deutlich, dass die Bewältigung und psychische Integration traumatisierender Erfahrungen, also das Wiedererlangen eines äußeren und inneren Sicherheitsempfindens, entscheidend von den Lebensbedingungen in der „Zeit danach“ abhängen.

Prim. Dr. Klaus Mihacek (Ärztlicher Leiter, ESRA), Mag. Gerda Netopil (Leiterin Soziale Arbeit, ESRA)

Projekt-ID
ProjektleiterIn
Schwarz Peter - Verein ESRA, Psychosoziales Zentrum
Projekttitel
Evaluierung der Wirkungen mehrdimensionaler psychosozialer Unterstützung in der Arbeit mit traumatisierten Personen/NS-Überlebenden im Psychosozialen Zentrum ESRA

Scientific evaluation of ESRA's multidimensional psychoscocial support for traumatised persons / survivors of the Holocaust
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