Abstract


Der „tschechische“ Sicherheitsapparat im Protektorat Böhmen und Mähren im Spannungsfeld der Loyalitäten


Im Rahmen der NS-Besatzungspolitik nahm das im März 1939 errichtete Protektorat Böhmen und Mähren gleichsam eine Zwitterstellung ein: Am Endziel der Germanisierung des Raumes bestand kein Zweifel, die dennoch relativ pragmatische Vorgangsweise der deutschen Besatzer gegenüber der tschechischen Bevölkerung war vor allem der kriegsbedingten Notwendigkeit der Nutzung des großen ökonomischen Potentials geschuldet. Für die Tschechen stellte die Errichtung des Protektorats Böhmen und Mährens im März 1939 im seit dem 19. Jahrhundert andauernden Kampf um Herrschaft und Vorherrschaft mit dem deutschen Konkurrenten einen nationalen Rückschlag ungeahnten Ausmaßes dar.

Die Anpassung an die Besatzer bot für die Besetzten unter den gegebenen Umständen die Möglichkeit des Überlebens bis zur erhofften Befreiung von außen (durch die Alliierten und der mit ihr verbündeten Exil-Regierung mit Präsidenten Edvard Beneš), gleichzeitig war es aber auch möglich, sich im Sinne der Loyalität zur eigenen Nation bei Beachtung gewisser Regeln und Verhaltensmuster weiterhin als „guter Tscheche“ zu fühlen.

Zu gewissen Zeiten, aber auch von gewissen Bevölkerungsgruppen wurden jedoch sowohl von der deutschen Besatzungsmacht als auch der Londoner Exilregierung eindeutigere Loyalitätsbeweise eingefordert. Dies galt auch für die Angehörigen des Sicherheitsapparates, der nach der Auflösung der tschechoslowakischen Armee (und anderer kleinerer Verbände) als einziger „nicht-deutscher“ Waffenträger bestehen blieb. Für dessen Angehörigen war es eine tägliche Herausforderung, diesen eingeforderten „doppelten Loyalitäten“ nachzukommen.

Da das Thema bisher sowohl in der tschechischen als auch internationalen Forschung zum Protektorat bis auf wenige Ausnahmen kaum Beachtung gefunden hat, war es zunächst notwendig, die faktografischen Grundlagen, vor allem die komplizierten organisatorischen Grundlagen und ihre Änderungen während der Zeit der Besatzung zu rekonstruieren.

Der zweite Schritt galt dem Versuch, den oben skizzierten „Zwiespalt der Loyalitäten“ anhand konkreter Beispiele zu diskutieren.

Univ.-Prof. Dr. Arnold Suppan, Mag. Niklas Perzi

Projekt-ID
ProjektleiterIn
Suppan Arnold Univ.-Prof.Dr. - Österreichische Akademie der Wissenschaften
Projekttitel
Der tschechische Sicherheitsapparat im Protektorat Böhmen und Mähren im Spannungsfeld der Loyalitäten

The Czech Security Service in the Protectorate of Bohemia and Moravia and conflicting loyalities
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