Abstract


Die Sozialstruktur der sozialdemokratischen und kommunistischen Häftlinge der österreichischen Anhaltelager (1933–1938)


Dieses Projekt basiert auf einem 2007–2010 am Ludwig-Boltzmann-Institut für Historische Sozialwissenschaft gemeinsam mit Gerhard Botz und Wolfgang Meixner durchgeführten Forschungsprojekt zur Sozialstruktur der illegalen österreichischen Nationalsozialisten. Im Rahmen dieses Projektes befasste ich mich mit der Erfassung und Analyse der sozial-strukturellen Zusammensetzung der nationalsozialistischen Anhaltehäftlinge. Nach Abschluss dieses Projektes schien es mir folgerichtig, das gewonnene Know-how einzusetzen, um zusätzlich die Sozialstruktur der sozialdemokratischen und kommunistischen Anhaltehäftlinge zu untersuchen und vergleichend zu analysieren. Diese Arbeit wurde vom Zukunftsfonds der Republik Österreich gefördert. Die Ergebnisse der umfassenden Arbeit über die Anhaltehäftlinge sollen in einer Monografie präsentiert werden, die aus heutiger Sicht in der zweiten Jahreshälfte 2013 druckreif vorliegen wird.

Was war die Anhaltung? Wie unterschied sie sich von anderen Formen der Inhaftierung politischer Gegner?

Prinzipiell lassen sich im Ständestaat mehrere Wege zur Disziplinierung und Aburteilung politischer Gegner unterscheiden: ? durch Urteile der ordentlichen Gerichte; ? durch Sondergerichte (Standgerichte, Militärgerichte); ? durch von Polizei und politischen Behörden verhängte Verwaltungsstrafen; ? durch die Anhaltung („Verhaltung sicherheitsgefährlicher Personen zum Aufenthalte in einem bestimmten Orte oder Gebiete“). Mit der „Anhalteverordnung“ vom 23. September 1933 war es den österreichischen Sicher-heitsbehörden möglich, „sicherheitsgefährliche Personen“ ohne richterlichen Befehl und ohne konkret nachweisbares Delikt auf unbestimmte Zeit zu inhaftieren. Das Instrument der Anhaltung entsprach der im Deutschen Reich mit der Reichstagsbrand-verordnung vom 28. Februar 1933 geschaffenen Schutzhaft, durch die die „rechtliche“ Voraussetzung zur Einweisung missliebiger Personen aller Richtungen in Konzentrationslager (wie etwa Dachau) geschaffen worden war. Kurt Bauer: Anhaltehäftlinge, Projektinfos Seite 2 Das Anhaltelager Wöllersdorf wurde im Oktober 1933 in Objekten der k.u.k. Munitionsfabrik in Wöllersdorf bei Wiener Neustadt eingerichtet. Es steht geradezu als Synonym für das System der Anhaltung 1933 bis 1938. Vorübergehend existierten weitere Anhaltelager in Kaisersteinbruch (bei Bruck an der Leitha), in Messendorf und Waltendorf bei Graz sowie behelfsmäßig an vielen anderen Orten. Zudem konnte eine „Anhaltung“ auch in einem Polizeigefängnis oder Gerichtsarrest vollzogen werden. Welche Quellen wurden ausgewertet?

Im Österreichischen Staatsarchiv/Archiv der Republik existiert ein 89 Archivkartons umfassender Bestand der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit aus den Jahren 1933 bis 1938, der alle die Anhaltung betreffenden Aktenbestände beinhaltet. Vielen dieser Dokumente sind konkrete personenbezogene Daten von Anhaltehäftlingen zu entnehmen. Dieser umfangreiche Bestand musste Dokument für Dokument durchgearbeitet werden. Pro Person, die in der Datenbank aufscheint, wurden im Schnitt drei bis sechs Dokumente ausgewertet.

Mag. Dr. Kurt BAUER

Projekt-ID
ProjektleiterIn
Bauer Kurt Dr. - Ludwig-Boltzmann-Inst. f. Historische Sozialwissenschaft
Projekttitel
Die Sozialstruktur der sozialdemokratischen und kommunistischen Häftlinge der österreichischen Anhaltelager (1933-1938)

The social structure of social-democratic and communist inmates of the Austrian 'Anhaltelager' (internment camps), 1933-1938.
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