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29. November 2022
Eine Geschichte des heimlichen Widerstands. Die Kirche und die Nationalsozialisten in Tirol

Die Verfolgung der Jesuiten in Tirol unter den Nationalsozialisten ist bis heute ein kaum beleuchteter Teil der Geschichte. Warum sie ins Visier der Nationalsozialisten gerieten, enteignet und vertrieben wurden zeigt die Dokumentation von Anita Lackenberger. Dabei beleuchtet sie nicht nur den heimlichen Widerstand der Jesuiten, sondern erzählt auch die Geschichte einer beinahe vergessenen Frau, die mit ihrer Zivilcourage mutig gegen die Verfolgung der Jesuiten auftrat.

Vom Zukunftsfonds gefördertes Projekt P22-4632


    Gauleiter Franz Hofer will Adolf Hitler zum 50. Geburtstag am 20. April 1939, ein „juden- und klosterfreies“ Tirol „schenken“ und setzt so in Tirol anti-kirchliche Maßnahmen in besonderer Härte. Die Doku von Anita Lackenberger wirft einen Blick auf einen bisher kaum beleuchteten Teil der österreichischen Geschichte:

    Die Vertreibungen und Klosteraufhebungen der Innsbrucker Jesuiten und dem Frauenkloster der Ewigen Anbetung ermöglichen einen Blick auf die Gesamtsituation der (Nord) Tiroler Kirche. Die Nord-Tiroler Kirche hat eine Besonderheit, noch ist sie keine Diözese. Der junge, frisch geweihte Bischof Rusch wird vor allem vom Gauleiter nicht anerkannt. Die Tiroler Kirche ist einem enormen Druck ausgesetzt. Zahlreichen Todesopfer und KZ Inhaftierungen sind an der Tagesordnung. Trotzdem wehren sie sich, im Untergrund arbeiten sie weiter.

    Der einflussreichste Orden zu dieser Zeit ist in Innsbruck jener der Jesuiten. Sie sind in vielen Bereichen aktiv, und prägen auch die Innsbrucker Universität. Mit dem Canisianum verfügen sie über eine internationale Ausbildungsstätte. Den Nationalsozialisten sind sie ein Dorn im Auge: Es werden alle Jesuitenbesitztümer beschlagnahmt, sie selbst aus dem „Gau“ vertrieben. Vor allem ein Gebäude, das Jesuitenkolleg hat eine wechselhafte Geschichte. Während des Nationalsozialismus wurde es für die Polizei genutzt. Nach dem Krieg verbleibt die österreichische Polizei noch lange in dem Gebäude und verlässt es erst nach einem erfolgreichen Gerichtsverfahren der Jesuiten gegen den Staat Österreich.

    Noch bemerkenswerter sind die finanziellen Gebarungen der Nationalsozialisten: Das „volks- und staatsfeindliche Vermögen“ der Innsbrucker Jesuiten, das Collegium Canisianum, wird an das Deutsche Reich verkauft. Die erlösten 1,5 Millionen Reichsmark dienten zur Teiltilgung des Kredits, der für den Bau des Gauhauses, des heutigen Landhauses aufgenommen wird.

    Auch die Schwestern des Klosters der Ewigen Anbetung werden aus ihrem Kloster vertrieben. Sie wehren sich massiv gegen die Aufhebung und werden letztlich mit Gewalt aus dem Kloster vertrieben. Die Vehemenz ihres Aufstandes erstaunt selbst die damalige Polizei.

    Noch gibt es Menschen, die sich an die Geschehnisse, aus Erzählungen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen erinnern. Mit seltenen Fotos kann die Zeit authentisch erarbeitet werden. Ein Interview von Bischof Hermann Glettler gibt einen Blick in schwere Zeiten. Christian Marte SJ – Rektor des Jesuitenkolleg in Innsbruck führt durch die Geschichte der Aufhebung. Anna Siegele und Margareta Eberhöfer lassen die Aufhebung ihres Klosters „lebendig“ werden.

    Für den Film verantwortlich zeichnen Anita Lackenberger und Gerhard Mader.



Foto: Copyright: Produktion West

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